Montag, 12. März 2012

Forschungsprojekt wird fortgesetzt - Stadtrat stimmt Finanzierung zu

Vor wenigen Tagen hat der Stadtrat von Bad Neustadt gemeinsam mit den beteiligten Gemeindeverwaltungen einer Fortsetzung der Finanzierung des Forschungsprojektes am Veitsberg bis 2015 zugestimmt.

Die Mainpost berichtete am 04.03.2011: http://www.mainpost.de/regional/rhoengrabfeld/Am-Veitsberg-wird-wieder-gegraben;art765,6652116

Allen Unterstützern, ohne die diese positive Entwicklung und Entscheidung nicht möglich gewesen wäre, gilt unser herzlicher Dank!

Der Veitsberg auf der Tagung "Zentrale Orte und Zentrale Räume des Frühmittelalters"

Die Friedrich-Schiller-Universität Jena, das Römisch-Germanische Zentralmuseum Mainz und die Stadt Bad Neustadt an der Saale richteten vom 07.-09. Oktober 2011 gemeinsam die Tagung Zentrale Orte und Zentrale Räume des Frühmittelalters in Süddeutschland“ aus. Ausgehend von den aktuellen Forschungen im karolingisch-ottonischen Pfalzkomplex Salz an der Fränkischen Saale und besonders dem Veitsberg sollte die Tagung ein fachübergreifendes Forum für die Diskussion der Zentralortproblematik im Frühmittelalter und auch der neuen Forschungsergebnisse auf dem Veitsberg bieten. 


Über 20 Wissenschaftler aus dem In- und Ausland setzten sich in ihren Vorträgen und den anschließenden Diskussionen mit den verschiedenen Facetten des Themas auseinander. In mehrern Vorträgen, u.a. von Peter Ettel, Petra Wolters und Lukas Werther wurde der Veitsberg dabei intensiv gewürdigt und diskutiert.

Am Samstag Nachmittag besuchten die Tagungsteilnehmer im Rahmen einer Exkursion dann auch die Ausgrabung im frühmittelalterlichen Zentralort „Veitsberg“. Gemeinsam wurde die komplexe Befundsituation diskutiert, wobei besonders der mächtige wohl frühmittelalterliche Rundturm für  Aufsehen unter den Fachkollegen sorgte. 
Die Tagungsteilnehmer vor den Grabungsflächen. Foto: Uni Jena

Die Tagungsbeiträge werden zeitnah als Sammelband im Verlag des Römisch-Germanischen Zentralmuseums erscheinen. 

Besonders freuen wir uns über die rege Teilnahme zahlreicher Interessierter Ehrenamtlicher und Bürger aus der Region an der Konferenz sowie über die breite Berichterstattung in der Regionalpresse!

Kurzbericht zum Stand der Forschungen Anfang 2012

Die Grabungen 2011 liegen inzwischen hinter uns und die Auswertung der Dokumentation ist einen großen Schritt vorangekommen. Für das "Archäologische Jahr" 2011 (herausgegeben vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege) haben wir (P. Ettel, L. Werther, P. Wolters) eine kurze Zusammenfassung der Untersuchungen 2010/2011 zusammengestellt, die für alle Interessierten vorab in Auszügen hier zu lesen ist. Der Abbildungsteil kann jedoch aus Copyrightgründen erst in der Druckversion veröffentlicht werden, dafür bitte ich um Nachsicht und Geduld.

Auszug aus:
Der Veitsberg – neue Forschungen im karolingisch-ottonischen Pfalzkomplex Salz


Die Grabungen bis 2006 zeigten, dass es sich bei dem Veitsberg um einen bedeutenden frühmittelalterlichen Zentralort handelt, bei dem es sich durchaus um den bislang nicht lokalisierten Kern der Pfalz Salz handeln könnte. Um den zahlreichen offenen Fragen an den Fundplatz weiter nachzugehen, den Erhaltungszustand des durch Ackerbau hochgradig gefährdeten Bodendenkmals zu erfassen und ein entsprechendes Schutzkonzept zu entwickeln wurde 2009 eine Kooperation der Stadt Bad Neustadt, der Gemeinden Hohenroth und Salz, der Friedrich-Schiller-Universität Jena, des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz und des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege ins Leben gerufen. Als Basis aller weiterer Geländearbeiten erfolgte 2009 eine großflächige geophysikalische Prospektion durch das BLfD sowie die Zusammenführung der Altgrabungsdokumentationen, Luftbilder und LIDAR-Daten in einem Geoinformationssystem. Besonders in der Südwestecke der Hauptburg zeigten sich vielversprechende Strukturen. Da hier zudem noch kaum Erkenntnisse zur Stratigraphie und Befunderhaltung vorlagen, wurde an dieser Stelle im Sommer 2010 eine vierwöchige Lehrgrabung der Universität Jena durchgeführt, die 2011 eine sechswöchige Fortsetzung fand.

Die im Vorfeld an die Grabung gestellten Erwartungen wurden dabei weit übertroffen: In zwei rechtwinklig zueinander liegenden und so dem Wallverlauf folgenden Flächen mit insgesamt gut 100 m2 traten knapp unter der Oberfläche sehr gut erhaltene Baubefunde der frühmittelalterlichen Anlage zu Tage. Fast über die gesamte Länge beider Schnitte zieht sich das Fundament einer trockengesetzten zweischaligen Wehrmauer, die teilweise noch bis zu 5 Lagen hoch erhalten ist und die Hauptburg nach Nordwesten hin abriegelt. Diese Mauer verläuft parallel zu dem im Luftbild, in der Magnetik und auch in den Grabungsschnitten 1984 und 1985 erfassten über 4 m tiefen Graben wohl des 10. Jahrhunderts, der vermutlich einen älteren Grabenverlauf aufgreift. Der zugehörige geschüttete Erdwall der jüngsten Bauphase zieht an die ältere Steinmauer. Geschüttete Erdwälle dieser Art, sogenannte „Ungarnwälle“, werden in der Burgenforschung als typische Erscheinung des 10. Jahrhunderts und fortifikatorische Reaktion auf die Einfälle ungarischer Kriegsscharen in das Ostfränkische Reich interpretiert.

Wie die Wall-Graben-Anlage biegt die ältere Wehrmauer zwischen Schnitt 1 und 2 etwa rechtwinklig ab. Innerhalb dieser Ecksituation konnte in Schnitt 1 ein mächtiger gerundeter Mauerzug mit einer Breite von bis zu 2,6 m aufgedeckt werden. Im Südteil weist er einen äußerst aufwändigen Unterbau aus schräg gesetzten Steinen zwischen grob gesetzten Bruchsteinschalen auf, wohingegen im Ostteil eine sauber gesetzte Außenschale aus Quadern in ein mächtiges Kalkmörtelbett versetzt ist, das auf einem 2-lagigen, annähernd rechteckig auskragenden Fundament aufsitzt. Im Westteil des Schnittes sind sowohl die Wehrmauer als auch der gerundete Mauerzug durch Steinraub stark gestört.
Daher wurde 2010 zunächst vermutet, es handle sich um einen apsidialen Baukörper. Die weiteren Ausgrabungen 2011 sowie eine ergänzende Untersuchung mittels Bodenradar durch das BLfD zeigen nun allerdings, dass es sich um einen turmartigen Rundbau mit einem Außendurchmesser von mindestens 15 m handelt. Auch im östlichen Teil von Schnitt 2 haben sich Spuren dieses „Rundturmes“ in Form von Ausbruchsgruben erhalten. Die stratigraphische Situation dieses außergewöhnlichen Befundes ist bislang nicht eindeutig, da durch die starke Beackerung der Flächen nur wenige Schichten ungestört erhalten blieben. Eine an Wehrmauer und Rundbau anziehende Brandschicht lässt allerdings auf eine gemeinsame Nutzungsphase beider Baukörper schließen und Mauerverlauf und Bauausführung zeigen, dass aller Wahrscheinlichkeit nach der „Rundturm“ in die bestehende Ecksituation der Umfassungsmauer angebaut wurde. 

Innerhalb des Rundbaus und in dessen Abbruchhorizont eingetieft liegt eine große u-förmige Ofenanlage, wie sie in ähnlicher Form bereits 1985 von Wamser ergraben und als Salzsiedeofen interpretiert wurde; nach ersten geobotanischen Untersuchungen durch B. Zach ist aufgrund von Getreideresten jedoch auch eine Nutzung als Backofen denkbar. 2011 wurde in Schnitt 3 neben der bereits bekannten Umfassungsmauer eine große, an diese Mauer anziehende und mit Brandschutt verfüllte, frühmittelalterliche Grube angeschnitten. 

Das bislang geborgene keramische Fundmaterial der Grabungen 2010/11 ist abgesehen von Spuren des spätmittelalterlich-neuzeitlichen Steinraubes dem 8. – 10. Jahrhundert zuzuordnen; hochmittelalterliche Funde fehlen gänzlich. Zahlreiche Tierknochen und botanische Reste beleuchten Ernährung und Alltagsleben während der Nutzungszeit der Befestigung. Hervorzuheben ist weiterhin ein prägefrischer Denar Herzog Heinrichs III. aus den Jahren 983-985, der auf der Abbruchschicht des „Rundturms“ liegt und damit den Niedergang der Anlage beleuchtet. Die Schriftquellen zum parallel verlaufenden Besitz- und Strukturwandel des Pfalzkomplexes Salz in der 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts stimmen in hervorragender Weise mit dem archäologischen Befund auf dem Veitsberg überein. Die Befestigung mutmaßlicher Kern der Pfalz Salz – wird den Grabungen zufolge noch im 10. Jahrhundert zumindest in weiten Teilen aufgegeben. An ihre Stelle treten im Hochmittelalter neue regionale Zentren wie die Stadt Neustadt auf der einen und Adelsburgen wie die Salzburg auf der anderen Seite. Als wesentlicher Akteur tritt nun das Bistum Würzburg in Erscheinung und prägt die weitere Entwicklung des Raumes. Auch an der Basis der Siedlungslandschaft zeigt sich dieser Wandel: In einem länger dauernden Prozess werden frühmittelalterliche Siedlungsareale wie die Talsiedlung „Mühlstadt“ der vermutete Wirtschaftshof der Pfalz und ebenfalls Gegenstand aktueller archäologischer Forschungen aufgegeben und es vollzieht sich ein Konzentrationsprozess im Bereich der heutigen Altorte. Zukünftigen Forschungen wird es vorbehalten sein, diesen komplexen Wandel im Detail zu beleuchten. 

Es bleibt herzlich zu danken: Den Gemeinden Bad Neustadt, Hohenroth und Salz, ohne deren Engagement und Förderung die neuen Untersuchungen auf und um den Veitsberg nicht möglich gewesen wären, der Bevölkerung für ihr Interesse und allen Beteiligten für eine stets positive Resonanz!